Ein junges Unternehmen aus Klosterneuburg hat das Kinderrad neu erfunden. Mit internationalem Erfolg

UNTERNEHMENSPORTRÄT: Claudia Aschour

Am Rand von Klosterneuburg, direkt am Donauradweg gelegen, steht eine Lagerhalle inklusive Großraumbüro. Trotz Blick auf den Donaustrom: Idyllisch geht es hier nicht zu. Vor der Halle wummert eine Baustelle. Drucklufthammer stampfen, Planierraupen ebnen. Bagger tragen Erdreich von einem Fleck zum anderen. Die industrielle Anmutung des Ortes wird nur durch die sich im Donauwind bauschende, leuchtend rote Fahne gebrochen.

Wir befinden uns am Firmensitz von Woom, einem der erfolgreichsten österreichischen Start-Up Unternehmen in der Fahrradbranche. Aus ein bisschen Schrauben in einer privaten Autogarage in Wien-Penzing wurde innerhalb von drei Jahren ein international tätiges Unternehmen auf Expansionskurs. Bevor die Unternehmensgründer Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld im März 2013 mit ihrem Produkt an den Start gingen, tüftelten sie drei Jahre lang im Stillen. Rad-Designer Bezdeka analysierte gängige Kinderräder und stellte damals fest: Zu schwer, nicht ergonomisch, technisch veraltet und dafür viel zu teuer. Grund genug für die beiden, nach eigenem Bekunden „radlnarrischen Papas“, ein neuartiges Geschäftskonzept zu entwerfen. Ziel dabei: Ein Kinderrad zu bauen, das mitwächst.

Liebe zum Fahrrad entzünden

„Als Rad-Nerds möchten wir unsere Liebe zum Fahrrad weitergeben“, sagt Bezdeka: „Wir denken, sehr gutes Material wird diese Liebe entzünden.“ Um die Rahmengeometrie der sechs verschiedenen Woom-Räder an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden anzupassen, erstellten Bezdeka und Ihlenfeld eine – weltweit einzigartige – Körpermaße-Datenbank, für die zwei- bis 16-jährige Kinder vermessen wurden.

Woom Gründer Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld

Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld gründeten Woom im Jahr 2013

Bezdeka ist überzeugt: „Die Herausforderung liegt darin, möglichst wenige Erwachsenen-Teile zu verwenden.“ Ein Beispiel: „Um den Griffdurchmesser an die wachsende Kinderhand konsequent anzupassen, produzieren wir die Teile selbst.“ Wo immer notwendig, sind die Komponenten der Woom-Räder Neuentwicklungen. Wo immer möglich, sogar patentiert. Qualität fordert ihren Preis, der beim Laufrad um 179 Euro beginnt.

Vehikel mit Rückkaufgarantie

Weil Nachhaltigkeit im Denken der Geschäftsführer eine wichtige Rolle spielt, entwickelten sie für ihre Produkte ein Upcycling-System. Das hilft zum einen, den Eltern Kosten sparen. Zum anderen sind die Kinder selbst dann mit passendem Fahrrad unterwegs, wenn sie dem kürzlich erst gekauften Fahrrad schon wieder entwachsen sind. „Wir haben überlegt, wie wir das Geldbörsel der Eltern trotz Folgeinvestitionen schonen können“, erklärt Bezdeka, selbst zweifacher Vater: Wer ein neues Woom kauft und für 50 Euro extra in den Upcycle-Club eintritt, kann das Rad innerhalb von zwei Jahren gegen ein neues Modell „tauschen“; 40 Prozent des Kaufpreises werden rückerstattet. Jedes Jahr kommen so Räder aus ganz Europa zurück, werden aufgefrischt und wiederverkauft.

Taiwan-Klosterneuburg-Welt

Logistikzentrum für den weltweiten Versand ist die Halle in Klosterneuburg. Rad-Kartons stapeln sich neben- und übereinander, nachdem sie aus der Produktion in Taiwan eingelangt sind. Der letzte Feinschliff passiert hier. Ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt das junge Unternehmen mittlerweile. Die Nachfrage steigt. Weltweit. Neben dem Onlineshop woombikes.com gibt es 50 Händler in Europa, weitere Partner seit dem Vorjahr in Taiwan, Korea und USA. Russland steht vor dem Start. Im laufenden Jahr sollen 16.000 Stück verkauft werden, im nächsten Jahr schon 30.000. Zu diesem Zweck werden neue Lagerhallen errichtet. Die gestapelten Kartons brauchen mehr Platz. Bis dahin wird weiter gewummert…

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