Wie gut ist das neue Fahrradkonzept Lobau?
Seit 2023 exekutiert die Stadt Wien Radverbote in der Wiener Lobau und beeinträchtigt damit Freizeitradfahren und Pendelverkehr. Jetzt hat die Stadt neue Maßnahmen vorgestellt. An der Umsetzung wird aber noch gearbeitet.
BERICHT: Valentin Eisendle
Wenige Hauptstädte der Welt haben einen Nationalpark auf ihrem Stadtgebiet. Wien hat einen sehr großen: die Lobau. Breite Wege und die Natur ziehen seit Jahrzehnten viele Radfahrende an. Doch für viele überraschend begann die Stadt mit hohen Strafen gegen Radfahrende abseits beschilderter Wege vorzugehen. Eine nachvollziehbare und mit Zahlen belegbare Begründung für die neue Schärfe fehlt bis heute – jedenfalls gab es einen Bruch mit der langjährigen gelebten Praxis.
Die neue Vorgangsweise betrifft dabei nicht nur Erholungssuchende, sondern hat auch deutliche Folgen für den Alltagsradverkehr. Pendelnde aus Gemeinden wie Mühlleiten können Wien derzeit nur über Landesstraßen erreichen, auf denen Tempo-100 gilt. Eine inakzeptable Situation.
Neues Radverkehrskonzept
Nach Protesten der Anrainer*innen und einer – auch von der Radlobby unterstützten – Petition mit über 13.000 Unterschriften kam es im Rahmen der Miteinander-Wochen, einer Veranstaltungsreihe mit Führungen, Workshops und Vorträgen im Juni 2024, zu einem Austausch zwischen der Nationalparkverwaltung und der Radcommunity.
Im Anschluss legte die Stadt Wien ein neues Radverkehrskonzept vor: So wurde zum einen das Wegenetz ergänzt, sodass die Naturbadeplätze und der Imbissstand jetzt legal mit dem Fahrrad erreichbar sind. Zum anderen wurde die Kartenbasis verbessert: Sowohl in der städtischen Übersichtskarte Lobau als auch in der OpenStreet- Map sind nun die freigegebenen Wege korrekt eingetragen. Google Maps gibt leider immer noch Routenempfehlungen aus, die durch Rad-Fahrverbote führen.
Unklare bis irreführende Kartendarstellung hatte in der Vergangenheit für viel Verwirrung gesorgt: In den offiziellen Karten waren Wege mit Radfahrerlaubnis gemeinsam mit allgemeinen Wegen in ähnlichen Farben dargestellt.
Maßnahmen leider unzureichend
Aus Sicht der Radlobby sind die konstruktiven Gespräche zwischen Entscheidungsträger*innen und Fahrrad-Community zu begrüßen. Von einer idealen Lösung sei man allerdings immer noch weit entfernt, meint Radlobby Österreich-Sprecher Roland Romano. So fehlt es u.a. an einer rechtssicheren Beschilderung im Sinne des Forstrechtes, einer Überarbeitung des Wegekonzepts, das Umwelt und die Erholungsbedürfnisse berücksichtigt und letztlich einer Klärung zur Mitnahme von Fahrrädern und Lösungen für Besucher*innen, die ein Ziel abseits der „Radfahrmöglichkeiten“ haben. „Vielen sind die komplizierten Bestimmungen nicht bekannt, bei erstmaligen Anhaltungen sollte die Aufklärung im Vordergrund stehen“, sagt Romano. Weiters sei eine Anpassung der aktuell sehr hohen (bis zu fünfstelligen) Strafen für das Mitnehmen von Fahrrädern und Radfahren notwendig. Romano: „Ein klarer und eindeutiger Bezug auf das Befahren mit Fahrrädern nach Vorbild des Niederösterreichischen Nationalparkgesetzes wäre hier sinnvoll.“
Lösung für Pendelnde
Auch für Pendelnde könnte sich eine Lösung abzeichnen: Die Stadt befürwortet nun auch eine Öffnung der wichtigen Verbindungsroute zwischen Groß Enzersdorf und Mühlleiten sowie eine Anbindung an das Radverkehrsnetz – eine wesentliche Forderung der Radlobby in dieser Sache. Die Radlobby setzt weiterhin auf den konstruktiven Austausch. Noch sind nicht alle Probleme gelöst, beispielsweise entlang des Damms von Schönau Richtung Seestadt oder von Mühlleiten nach Osten.
Klar definierte Regeln und Wege fördern das Miteinander im Nationalpark. Eine detailliertere Analyse der Situation: radlobby.at/wien/radfahren-in-der-lobau