Wieder mal vor einem überraschend gesperrten Radweg gestrandet? Warum bei Straßenarbeiten immer noch so oft auf den Radverkehr vergessen wird und was passieren muss, damit sich das bessert.

Bericht: Philipp Schober, Foto: Patrik Hladschik

Wer kennt es nicht: Ein Bauzaun, ein Hinweisschild mit Richtungspfeil für Fußgänger* innen, für Radfahrende nur ein Radweg-Ende-Schild. Für den Autoverkehr wurde ganz selbstverständlich eine Umleitung eingerichtet und beschildert, auf den Radverkehr wurde vergessen.

Die Ungleichbehandlung von Radfahrenden bei der Absicherung von Baustellen bedeutet einen erheblichen Komfortverlust und schürt unnötige Konflikte zwischen Radfahrenden und Fußgänger*innen, auf deren Wege Erstere mangels Alternativen oft ausweichen müssen. Dabei ist es für den Fuß- und Radverkehr noch wichtiger als für den Autoverkehr, Baustellen verkehrssicher, direkt und möglichst komfortabel passieren zu können – schließlich kostet jeder Wechsel der Fahrbahnseite und jeder Meter mehr Radfahrende und Fußgänger*innen zusätzliche Zeit und Kraft.

Die Richtlinien auch umsetzen

Bei nicht vermeidbaren Sperren – besonders bei solchen im Hauptradverkehrsnetz einer Stadt oder Gemeinde – ist es wichtig, dass Behörden und Baustellenbetreiber fachgerechte Alternativen schaffen. Das kann eine durch Fahrbahnteiler oder Leitbaken geschützte Weiterführung auf der Fahrbahn sein, eine Weiterführung auf einem ausreichend breiten Gehsteig oder eine Umleitung.

Warum funktioniert das oft so schlecht, und wer ist verantwortlich dafür, es besser zu machen? Offizielle Vorgaben für die Kennzeichnung von Baustellen und die Einrichtung von Umleitungen enthalten die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS). Ersatzrouten für Fußgänger*innen dürfen demnach nicht mehr als 50 Meter lang sein, solche für Radfahrer* innen dürfen höchstens 500 Meter lang sein und müssen mit gelben Hinweiszeichen inklusive Radpiktogramm und durch orange Bodenmarkierungen deutlich erkennbar sein. Die RVS sind allerdings nur Empfehlungen, keine Gesetze.

Unkonkrete Baustellenbescheide

Wer Straßenbauarbeiten durchführt, ein Gerüst oder einen Container aufstellt oder durch eine sonstige Baustelle den Straßenverkehr beeinträchtigt, muss bei der Bezirkshauptmannschaft, dem Magistrat oder dem Gemeindeamt eine Bewilligung gemäß § 90 Straßenverkehrsordnung (StVO) beantragen. In ihrem Bewilligungsbescheid kann die Verkehrsbehörde dann rechtlich bindende Auflagen für eine sichere Abwicklung der Arbeiten vorgeben. In der Praxis stehe im Baustellenbescheid aber oft nur, dass der Radverkehr „in geeignetem Maße zu berücksichtigen“ sei, sagen Baustellenbetreiber.

Offenbar fehlt also bei den Verkehrsbehörden das Bewusstsein (oder das Personal), das nötig wäre, um in den Bescheiden angemessen detaillierte Vorgaben zu machen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Helfen können da wiederum Vorgaben von Seiten der Politik. Einzelne Städte, etwa Linz, Graz und Innsbruck, haben bereits eigene Richtlinien oder Leitfäden zum Thema Baustellen und Radverkehr geschaffen, das Land Vorarlberg arbeitet derzeit an einer landesweiten Richtlinie.

Mehr Bewusstsein auf allen Ebenen

Damit der Radverkehr bei Baustellen in Zukunft gleichberechtigt mitgedacht wird, braucht es also auf allen Ebenen mehr Bewusstsein für die Bedürfnisse von Radfahrenden und dafür, dass Hauptradrouten nicht einfach ersatzlos gesperrt werden können: Die Verkehrsstadträt* innen müssen Richtlinien in Auftrag geben und auf deren dauerhafte Umsetzung durch die Behörden pochen. Die Behörden müssen den Baufirmen in ihren Baustellenbescheiden konkretere Vorgaben für den Radverkehr machen und deren Einhaltung kontrollieren. Und die Baufirmen müssen ihre Mitarbeiter*innen, vor allem die Poliere, intensiver schulen.

Wie Hauptradrouten selbst unter schwierigen Bedingungen befahrbar gehalten werden können, zeigten im Jahr 2022 drei Hochbaustellen am Naschmarktradweg in der Linken Wienzeile in Wien, für die Kräne auf dem Radweg errichtet werden mussten. Hier sprachen Behörde, Bezirk und Baustellenbetreiber frühzeitig miteinander, der Magistrat machte im Baustellenbescheid klare Vorgaben, und eine gute Lösung wurde erzielt: man errichtete befahrbare Kranfundamente, eine Sperre des Radwegs wurde so gar nicht erst nötig.

Was tun bei fehlenden Umleitungen?

Wenn Sie in Wien auf eine gesperrte Hauptradroute ohne beschilderte Umleitung treffen, empfiehlt die Radlobby Wien folgende Vorgehensweise, die analog auch in anderen Gemeinden anwendbar ist:

  • Machen Sie Fotos und notieren sich Straße und Hausnummer.
  • Wenn Baustellen-Personal anwesend ist, fragen Sie den Polier nach dem Baustellenbescheid.
  • Ansonsten fragen Sie bei der nächsten Polizeiinspektion nach. Diese kann den Bescheid mitsamt Auflagen einsehen – falls die Realität nicht den Auflagen entspricht, bestehen Sie darauf, dass die Polizei selbst vor Ort nachsieht und die Einhaltung der Auflagen einfordert. Sollten Sie auf Unverständnis treffen, fragen Sie die Polizist*innen, wie sie bei einer plötzlichen Blockade einer allgemeinen Hauptstraße vorgehen würden.
  • Hilft das nicht, fragen Sie bei der Infoline Straße und Verkehr der MA 46 (+43 1 955 59) nach den Auflagen zur betreffenden Baustelle und klären telefonisch ab, ob sie eingehalten wurden. Bei Abweichungen lassen Sie sich erklären, wie die Zuständigen mit dem Problem umgehen werden und wann mit einer Verbesserung zu rechnen ist.

Den gesamten Handlungsleitfaden finden Sie unter:
radlobby.at/wien/soko-radwegsperre

 


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