Test: Streetmachine von HP Velotechnik
Die Streetmachine von HP Velotechnik verspricht ein eigenes Fahrgefühl mit einem Hauch von Luxus. In der Praxis jedenfalls unstrittig: der Coolness-Faktor, meint Testpilot Mario Sedlak.
Als ich das Reiseliegerad sah, war ich beeindruckt. Ein richtiger Sitz, fast wie in einem kleinen Auto! Beinahe hätte ich die Gurte gesucht, um mich anzuschnallen. Die steilen Lenkergriffe wirken wie die Hebel der Macht in einem Fahrzeug. Aber in meiner Streetmachine gibt es keinen Motor. Ich muss selber treten – und Gleichgewicht halten. „Am Anfang schwankt jeder“, beruhigt mich Heinz Wipplinger von Enzovelo freundlich. Tatsächlich hatte ich bei meinen ersten Fahrversuchen wieder das Gefühl, ein völliger Anfänger zu sein. Nach einer Viertelstunde konnte ich mich aber schon auf Radwege wagen.
Bald fing das ungewöhnliche Fahrrad an, Spaß zu machen. Ich testete Schotterwege, wie sie auf vielen Radreisen unvermeidbar sind. Auch dort kam ich mit der Streetmachine gut voran. Schlaglöcher spürte ich wenig. Schwellen und andere kleine Erhebungen am Weg schüttelten mich hingegen nahezu ungedämpft durch. Vielleicht könnte das durch Feinjustierung der Federung verbessert werden. Sogar als ich ein Stück über eine Wiese fuhr, machte das Rad einen guten Eindruck. Es ist aber nur für befestigte Wege bestimmt. Der Hersteller erlaubt nicht einmal, eine Wurzel damit zu überfahren.
Als ich an einem Tag 100 Kilometer praktisch in einem Stück am Donauradweg fuhr, erwies sich der Sitz als äußerst bequem: keine Druckstellen, kein Wärmestau. Aber für meinen Körper war es doch eine etwas ungewohnte Belastung. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass mir die Fußsohlen einschlafen können. Nach den 100 Kilometern spürte ich auch einige Muskeln vor allem im Gesäßbereich deutlich. Wer im Liegen fährt, braucht eben andere Muskeln als ein aufrechter Radfahrender.
Gewöhnungsbedürftig ist auch die 1.590 € teure Pinion-Schaltung: Bergauf streikte sie, bis ich fast alle Kraft von den Pedalen nahm.
Erst wenn das Rad vollständig zum Stillstand gekommen ist, soll der Fahrende ein Bein auf den Boden stellen, warnt die Anleitung – aber das ist bei dem Zweirad kaum möglich. Bereits bei Schritttempo kann es schnell kippen. Dreimal musste ich mich mit meiner Hand am Boden auffangen. Ich trug Handschuhe, sodass mir nichts passierte, aber das Rad bekam hauptsächlich am Griff sofort Schrammen.
Was sind denn die Vorteile?
Am Liegerad war ich 2 bis 3 km/h schneller als sonst. Gegenwind bremste weniger. Leute sprachen mich an: „Cooles Fahrrad!“ Vor allem Kinder konnten ihre Bewunderung nicht verbergen.
Wer es aus irgendwelchen Gründen nicht auf einem Fahrradsattel aushält, für den kann ein Liegerad eine gute Alternative sein. Im urbanen Alltagsradverkehr ist die niedrige Sitzhöhe allerdings ein Nachteil.
Noch eine Information für Menschen mit schlechterem Gleichgewichtsgefühl: Es gibt auch eine Variante mit drei Rädern.
Daten der getesteten Streetmachine GTE
Schaltung: Pinion C1.12 (voll gekapselt, 12 Gänge)
Bremsen: Shimano BR-M315
Pedale: Shimano XT PD-8000
Federelement hinten: Rock Shox
Federelement vorne: Spinner grind 2
Nabendynamo: SON
Dioden-Scheinwerfer: Busch & Müller IQ-X
Laufräder: 20 Zoll vorne, 26 Zoll hinten
Max. Reifenbreite: 2 Zoll (5 cm)
Rahmen: Alu 7005T6
Gewicht: 15 kg
Sitzhöhe: 63 cm
Länge: 170–195 cm
Geeignet für Körpergröße: ca. 164–200 cm
Preis in der getesteten Ausstattung: 5.198,20 Euro
Das Testrad wurde uns von Heinz Wipplinger von Enzovelo zur Verfügung gestellt.
Hersteller-Website: hpvelotechnik.com