Radtour: Beiderseits der March
An den Ufern der March lässt es sich vorzüglich Rad fahren. Die beiden Radwege am Grenzfluss haben überraschend unterschiedlichen Charakter und erzählen viel über die Geschichte Europas, berichtet Julia Beckel.
Die Radrouten beiderseits der March zwischen Hohenau und Schloss Hof (jeweils ca. 65 Kilometer) sind nicht zuletzt deshalb spannend, weil sie in zwei verschiedenen Ländern liegen: westlich der March ist dieser Radweg Teil der Kamp-Thaya-March-Radroute (kurz KTM) in Österreich, östlich der March fährt man am Iron Curtain Trail (kurz ICT) in der Slowakei.
Sowohl der KTM-Radweg, als auch der Iron Curtain Trail gehören zu den niederösterreichischen Top-Radrouten. Die Kamp-Thaya-March-Radroute führt auf 420 Kilometern von Krems ins Waldviertel und durch das Weinviertel nach Schloss Hof. Der Iron Curtain Trail ist als der EuroVelo 13 Teil des europäischen Netzes, mit 9.950 Kilometern der längste der europäischen Fernradwege. Die Route geht entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges quer durch Europa und wechselt ständig zwischen den benachbarten Ländern hin und her. In Hohenau verlässt der Radweg Österreich und geht auf slowakischem Gebiet weiter.
An den Marchauen war für beide Länder lange Zeit das Ende der Welt.
Für beide Touren gilt: Anreise mit dem Zug von Wien nach Hohenau ist optimal, wochentags stündlich bis halbstündlich, am Wochenende allerdings teilweise nur zweistündlich. Auf österreichischer Seite geht die Route parallel zur Eisenbahnlinie, was für Leute, die nicht die ganze Strecke nach Marchegg fahren wollen, z.B. Familien mit Kindern, sehr praktisch ist. In der Slowakei gibt es zwar auch eine parallele Bahnlinie, die ist aber etwas weiter weg, so dass man dann schon mal fünfzehn Kilometer Anfahrt zum nächsten Bahnhof in Kauf nehmen muss.
Abreise: Fährt man bis zum UNESCO-Welterbe Schloss Hof muss man noch sechs Kilometer zum Bahnhof nach Marchegg zurück. Derzeit kann man auf der Strecke drei Mal die March queren: bei Hohenau, auf der Hälfte der Strecke gibt es bei Angern die Möglichkeit, mit der Rollfähre über die March zu wechseln, und bei Schloss Hof über die nur für Radfahrer und Fußgänger gebaute Brücke der Freiheit. Dadurch werden Rundtouren oder die Halbierung der Strecke mit Abreise mit dem Zug möglich.
Streckenführung: Beide Routen haben kaum Steigungen und sind daher auch für konditionell Schwächere komfortabel zu fahren. Beide Routen beginnen in einem Naturschutzgebiet, der KTM führt durch den Auwald und großteils durch landwirtschaftliche Felder, teilweise mit Obstbaumreihen durchsetzt, sowie durch einige Dörfer. Eine Zeitlang fährt man auf dem Hochwasserdamm oberhalb des Auwaldes.
Bei Marchegg führt der Radweg durch die Pferdeweide des WWF. Mit der Beweidung durch eine Herde aus polnischen Konik Pferden (Nachkommen von Wildpferden) soll hier eine artenreiche Landschaft entstehen. Später vorbei an einer Storchenaufzuchtstation. Insgesamt ergeben sich ein schöne Ausblicke auf den Auwald, die March und die Lößwände bei Stillfried.
In der Slowakei: Ursprünglichkeit der Landschaft
Auf der slowakischen Seite hat man das Gefühl von mehr Ursprünglichkeit der Landschaft, was einerseits daran liegt, dass der Radweg auf größeren Teilen durch Auwald und ehemaliges Niemandsland führt, andererseits haben viele Felder noch die Größe der ehemaligen Kolchosen, was den Eindruck erweckt, man befinde sich abseits der Zivilisation.
Durch die vielen ehemaligen Bunker wird man regelmäßig an die geschichtlichen Vorkommnisse erinnert. Abgerundet wird die Strecke am Schluss mit vielen wunderschönen Kilometern Radeln durch die Wiesen vor Devinska Nova Ves.
Straßenbelag östlich der March: mitunter abenteuerlich
Zum Belag und zur Qualität: Der KTM wurde kurze Zeit vorher teilweise optimiert und einige Strecken auf den Hochwasserdamm verlegt mit neuem, sehr gut befahrbarem wassergebundenen Belag. Der Rest der Strecke ist intakter Asphalt. Östlich der March merkt man die lange Zeit den Eisernen Vorhang und vor allem auch, dass lange Zeit die Besitzverhältnisse für die Radroute unklar waren und an vielen Stellen nicht investiert werden konnte. Im ersten Teil bis Zahorska Ves (höhe Angern) wechseln außergewöhnlich guter Asphalt mit tiefen Löchern in kaputtem Belag, grobem Schotter und Wurzelaufrissen. Hier sollte man nicht unbedingt mit dreijährigen Kindern unterwegs sein. Ab Zahorska Ves wird das wesentlich besser, der letzte Teil ist vor kurzem neu asphaltiert worden.
Die neu erstellte Wegweisung auf österreichischer Seite ist top, in der Slowakei fehlen doch einige der (kleinen) Schilder. Man ist gut beraten, den downloadbaren gpx-Track und eine gute Karte dabei zu haben. Auf der österreichischen Seite mangelt es an Rastplätzen, davon hat der slowakische Teil – wenn auch in großen Abständen – einige zu bieten, meist sogar mit Dach zum Unterstellen.
Fazit: Der Teil westlich der March ist eine bequeme Route für Familien mit Kindern oder jene, die gemütlich dahinradeln wollen und die Möglichkeit brauchen, jederzeit in den Zug einsteigen zu können. Wer es abenteuerlicher und ursprünglicher möchte und gerne das Gefühl vom Abseits hat, findet das östlich der March auf der Slowakischen Seite inklusive uriger „Ostblock“-Kneipen. Aber eigentlich sollte man beides gefahren sein!
Bewertung durch die Radlobby
Die genaue Evaluierung der Qualität der Radwege an der March erfolgte im Rahmen der Quick Check Evaluationen, die – in diesem Fall im Auftrag von EcoPlus – vom Arbeitskreis Radtourismus der Radlobby durchgeführt werden. Die Quick Check Evaluation dient dazu, den touristischen Destinationen und Radwegbetreibern einen Überblick über den Zustand der Radinfrastruktur auf der befahrenen Radroute zu geben und Anregungen für Verbesserungen zu machen
Links:
Kamp-Thaya-March-Radroute im Weinviertel
Iron Curtain Trail: Etappe Valtice – Mannersdorf
Iron Curtain Trail: Etappe Mannersdorf – Bratislava
Iron Curtain Trail: Slowakische Website
www.radtourismus.at