Fahrrad-Infrastruktur in Wien: So gut wird die Langstrecke Süd
Noch in diesem Jahr soll in Wien die Rad-Langstrecke Süd – zwischen Ring und Stadtgrenze – nutzbar sein. Die Planung verspricht einiges. Doch taugt die Route wirklich zur Schnellverbindung für Pendelnde? Andrzej Felczak hat sich das Projekt genauer angesehen.
Rad-Langstrecken werden geschaffen, um den Pendelverkehr zu fördern und den Menschen den Umstieg auf das Fahrrad zu erleichtern. Sie sollen das Stadtzentrum mit dem Umland verbinden und bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. In Wien existieren zu drei Langstrecken – Süd, Nord und West – konkrete Überlegungen zum Streckenverlauf. Die Route Süd soll noch heuer als erste Wiener Langstreckenverbindung fertiggestellt werden.
Den Verkehrsplanenden der Stadt Wien ist grundsätzlich für ihr Ansinnen, derartige Verbindungen schaffen zu wollen, zu gratulieren. Zwei Abschnitte dieser insgesamt 10,4 Kilometer langen Route, die von der Wiener Stadtgrenze bis zum Ring führen wird, verdienen besondere Aufmerksamkeit.
So geht’s!
Die Verlängerung der U1 macht es möglich: Im Streckenverlauf der Langstrecke Süd wird derzeit in der Favoritenstraße zwischen Reumannplatz und U1-Station Neulaa eine drei Kilometer lange Radverkehrsanlage errichtet. Mit 2,4 Meter breiten beidseitigen Einrichtungsradwegen, geradliniger Führung und bei Querungen entweder ampelgeregelt oder – aus Verkehrssicherheits- und Komfortgründen – auf Fahrbahnanhebungen geführt, wird dieses Teilstück beispielhaft für optimale Radinfrastruktur sein. Laut den Langstrecken-Kriterien wird es sich das Prädikat „Ausgezeichnete Qualität“ mit Leichtigkeit verdienen.
So geht’s nicht
Etwas anders sieht das Bild dort aus, wo die Langstrecke über bereits errichtete Wege verläuft. Einen besonderen Schwachpunkt markiert dabei der Radweg Argentinierstraße zwischen Karlsplatz und Gürtel. Vor vielen Jahren einmal das Rad-Vorzeigeprojekt, ist an dieser Stelle der Radverkehr mittlerweile auf 675.000 Radfahrende im Jahr oder bis zu 4.000 pro Tag angestiegen – damit ist die Argentinierstraße der fünftmeist befahrene Radweg in Wien.
Bereits jetzt ist die Verkehrsorganisation der Nutzung nicht mehr gewachsen. Es kann zudem damit gerechnet werden, dass mit dem durchgängigen Ausbau des Radweges Favoritenstraße auch der Radverkehr in der Argentinierstraße erheblich steigen wird.
Nicht nur das: Auch die Radfahrenden sind heute diverser als vor Jahrzehnten. Jung bis Alt und Personen mit unterschiedlichen Ansprüchen sind am Rad unterwegs, was ein hochqualitatives Verkehrsumfeld inklusive der Möglichkeit zum Überholen bzw. Nebeneinanderfahren erforderlich macht. Laut den Langstrecken-Qualitätskriterien der Stadt Wien erreicht der Radweg derzeit gerade noch die Note „Ausreichend“. Abschnittsweise sind allerdings nicht einmal die Mindestkriterien erfüllt. Zudem bewirken die in kurzen Abständen vorhandenen ungeregelten Kreuzungen, für die die StVO eine Annäherungsgeschwindigkeit von 10 km/h vorschreibt, dass die laut Qualitätskriterien angestrebte durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit von 15 km/h nicht erreicht werden kann.
Aus den dargelegten Gründen ist eine Verbreiterung und Verbesserung der Radverkehrsfläche unbedingt erforderlich. Nur blieben jahrelange Diskussionen über eine neue Verkehrsorganisation bisher ohne Ergebnis. Um das Ziel der Stadt Wien, die Langstrecke bis Ende 2018 zu eröffnen, zu erreichen, ist rasches und konsequentes Handeln erforderlich. Aus Sicht der Radlobby wäre eine Fahrradstraße das geeignete Mittel, um den Anforderungen einer Langstrecke an dieser Örtlichkeit gerecht zu werden. Konkret bedeutet es, dass der Radweg aufgelöst und die Fahrbahn auf 5,5 Meter geweitet wird. Dadurch ist auch eine Verbreiterung des Gehsteiges um einen Meter möglich. Die zwei Längsparkspuren würden bleiben. Zudem muss die Verkehrsführung fahrradstraßentauglich angepasst werden.