Denen ist nichts zu schwer
Besonders leicht und wendig, klappbar und gut zu verstauen, für Kinder und Jugendliche geeignet oder an ein herkömmliches Fahrrad montierbar: Sechs nicht ganz gewöhnliche neue Transporträder im Test.
Die Tester*innen: Andreas Voit, Pia Knappitsch, Heike Bestel, Benjamin Spahn, Fotos: Paul Kubalek.
Muli Motor ST
Andreas Voit testet
Das Muli ist ein E-Transportrad, dessen Besonderheit der faltbare Lastenkorb ist. Nach einer kurzen Einführung steige ich gleich beim Händler auf, um die 15 Kilometer den Wiener Neustädter Kanal entlang nach Hause zu radeln.
Auf den ersten Metern fahre ich etwas wackelig, aber nach einer überraschend kurzen Eingewöhnungsphase fühle ich mich sehr sicher. Sowohl auf Asphalt als auch auf Kopfsteinpflaster, Schotter und Feldwegen komme ich mit dem unbeladenen Muli gut zurecht.
Zu Hause angekommen, packe ich fünf 14-Kilo-Säcke Katzenstreu in den Lastenkorb, um das Rad mit seiner Maximallast zu testen. Fahren kann ich so noch, in den Kurven kämpfe ich aber mit dem Gleichgewicht. Der Motor erweist sich im Eco-Modus als leistungsstark. Nur auf Steigungen macht die automatische Gangschaltung Probleme, weshalb ich dort bald auf manuelle Bedienung wechsle.
Der Einbau der (nicht inkludierten) Kindersitze ist einfach; die Frage, wie sich die Fahrt mit Passagieren und für sie anfühlt, muss hier aus Mangel an Kindern leider unbeantwortet bleiben.
Das Muli Motor ST gibt’s bei:
muli-cycles.de und familybikes.at
AddBike+
Andreas Voit testet
Mit dem AddBike+ kann man ein normales Fahrrad zu einem Transportrad umrüsten – eine spannende Idee. Es verfügt außerdem über eine Neigungsautomatik, die dafür sorgt, dass die Last immer gerade bleibt, und auch das Kurvenfahren erleichtern soll.
Zum Umrüsten baut man das Vorderrad aus und installiert an seiner Stelle das AddBike-System. Am Lenker werden die Bremsen und ein Schalter zur Konfiguration der Neigungsautomatik angebracht. Bei meinem Mountainbike gelingt das mit etwas Übung in rund 30 Minuten, bei Fahrrädern mit Kotflügeln und Lichtanlagen müssen allerdings auch diese abmontiert werden.
Beim Fahren ist die Neigungsautomatik sehr gewöhnungsbedürftig – die beiden Vorderreifen geben Stabilität, aber ich habe ständig das Gefühl, dass der Lenker auf eine Seite wegkippt, und denke darüber nach, den Test abzubrechen. Erst nach einer guten halben Stunde kann ich einigermaßen zügig geradeaus fahren.
Das AddBike+ kann nur Lasten von bis zu 35 Kilo transportieren. Ich teste es einmal mit einem 15-Kilo-Sack Blumenerde und ein paar Tage später noch einmal mit einer Hundedame, die allerdings bei offener Abdeckung immer wieder aus dem Korb springt. Bei der zweiten Tour komme ich mit dem Rad schon wesentlich besser zurecht und habe am Ende viel Spaß beim Fahren.
Das AddBike+ gibt’s bei:
familybikes.at und add-bike.com
Gleam Escape Multi Use Bike
Pia Knappitsch testet
Mein Partner René und ich testen das Gleam Escape, ein massives, zweispuriges Transportrad, in der Familienversion Flexlife. Es zeichnet sich vor allem durch die einfache Handhabung der drei Aufbauvarianten aus – die „Kisten“ werden einfach auf eine Schiene auf der Ladefläche geschoben. Außerdem sorgt eine Neigetechnologie dafür, dass die Last auch auf unebenem Untergrund ausgeglichen bleibt.
Wir nutzen das Rad, um zwölf hölzerne Terrassenstühle für unser Wohnprojekt in Kagran abzuholen und ins 15 Kilometer entfernte Sonnwendviertel zu bringen. Die Fahrt beginnt etwas holprig. Das Rad ist robust und daher schon unbeladen recht schwer, es fährt sich eher wie ein Lkw als wie ein Transporter. In den ersten engen Kurven muss ich stehenbleiben und zurückschieben, um den Radius zu meistern. Auch die riesige Ladefläche hinten verunsichert mich. Aber nach einer Viertelstunde habe ich mich eingewöhnt und weiß, dass die Ladefläche überall durchpasst, wo der Lenker durchpasst.
Den großen Transport traue ich mir trotzdem nicht zu: ich kann mir nicht vorstellen, mit einer 70-Kilo-Ladung an einer viel befahrenen Kreuzung schnell und sicher loszukommen. Also übernimmt René. Er ist größer und sportlicher als ich, aber das Anfahren mit Ladung ist auch für ihn kein Kinderspiel.
Auf der Rückfahrt zeigt das Gleam aber, wofür es gemacht ist: große Lasten über Wege jeder Art zu transportieren. Nachdem er sich an das Rad gewöhnt hat, sind Feldwege und Schotterstraßen für René dank des starken Motors und der Neigetechnologie ein Klacks, jedenfalls im Vergleich zu einspurigen oder starren zweispurigen Lastenrädern. Auch enge Radwege meistert er mit etwas Übung gut.
Das Gleam Escape gibt’s bei:
gleam-bikes.com
Tern GSD R14
Heike Bestel testet
Beim Tern GSD handelt es sich um ein vielseitiges E-Lastenrad, das für die unterschiedlichen Nutzungsbedürfnisse eines Mehrpersonenhaushalts gebaut wurde, dafür aber sehr kompakt ist. Das getestete R14 ist das Premium-Modell der Serie. Seine Transportbox („Storm Box“) kann bis zu 50 Kilo tragen, der Gepäckträger ohne Box bis zu 100 Kilo.
Weil alle Kinder im Freundeskreis gerade urlauben, nimmt auf der gepolsterten Sitzbank der Transportbox ein 20-Kilo-Sack Blumenerde Platz. Er kommt sicher und trocken am Fahrtziel an und hat sich, soweit ich es beurteilen kann, in der Box wohlgefühlt.
Ich mich im Cockpit ebenso: Es kann variabel auf Fahrer*innen zwischen 1,50 und 1,95 Meter Körpergröße eingestellt werden, was bei Transporträdern nicht die Norm ist. Das Rad lässt sich außergewöhnlich bequem fahren, Stöße und Bodenwellen werden gut absorbiert. Sowohl mit als auch ohne Beladung gleitet es stabil wie ein Rad- SUV über verschiedene Untergründe. Die elektronische Schaltung wird über einen Shifter am Cockpit bedient und hat ein praktisches Feature: Bleibe ich stehen, wird zum Weiterfahren automatisch ein leichter Gang eingelegt.
Auch praktisch: Wegen seiner geringen Länge von 1,76 Metern darf man das Rad in der U-Bahn mitnehmen. Dank massivem Mittelbauständer samt Einklappsicherung kann man es auch beladen umfallsicher abstellen. Und wo wenig Platz ist, kann das Cockpit eingeklappt und das Rad hochkant auf dem Gepäckträger geparkt werden.
Das Tern GSD R14 gibt’s bei:
heavypedals.at und ternbicycles.com
Woom Now
Pia Knappitsch testet
Das Woom Now ist ein Transportrad light für Kinder und Jugendliche. Light deshalb, weil es statt einer Ladefläche oder Box eine am Steuerrohr befestigte, aufklappbare Plastikschale hat. Die Last wird mit zwei Gurten angeschnallt. Das Vorderrad ist etwas kleiner, damit die Last weiter unten sitzt und die Balance nicht beeinträchtigt.
Als meine Söhne, acht und zehn Jahre alt, das Rad zum ersten Mal sehen, sind sie hellauf begeistert. Vor allem Farbkombination und Ausstattung (Nabendynamo, Kettenschaltung mit Grip Shift, Drehgriffklingel) überzeugen sie.
Schnell fallen ihnen Dinge ein, die sie mit der Vorrichtung am Lenker transportieren würden. Ball, Sporttasche, Schwimmsachen. Die schwere Schultasche! Die da vorne statt am Rücken, das wäre eine echte Erleichterung. Normale Fahrradkörbe sind schwer beladen zu wackelig, für Kinder wird das auf engen Wiener Mehrzweckstreifen schnell gefährlich.
Die schweren Rucksäcke sind auch von Kinderhänden schnell befestigt. Weder das kleinere Vorderrad noch das Gewicht stört die Tester, sie schwärmen vom Fahrverhalten. Als wir später eine große Farbdose vom Baumarkt holen, fällt allerdings auf, dass sperrigere Gegenstände mit den Gurten nicht leicht zu befestigen sind. Wir müssen uns mit einer Obstkiste behelfen.
Das Woom Now gibt’s bei:
woom.com
GinkGo
Benjamin Spahn testet
Das Besondere am GinkGo? Es ist für ein Transportrad sehr leicht und fährt sich fast so sportlich wie ein Gravelbike. Ich habe es mir deshalb selbst gekauft.
Auf der ersten längeren Fahrt zu meiner 21 Kilometer entfernten Arbeit war etwas Eingewöhnung nötig, vor allem, weil sich das Gingko durch den langen Radstand recht behäbig verhält und ich somit früher als gewohnt in Kurven einlenken musste. Ab der Hälfte des Weges hatte ich das Gefühl, auf einem normalen Fahrrad zu sitzen.
Da das GinkGo keine Seitenwände hat, zurre ich die Ladung mit Spanngurten fest. Bei der ersten Fahrt hatte ich nur meinen Rucksack dabei. Bei der zweiten habe ich eine Kiste Wasser und eine große Sporttasche transportiert. Trotz der Spanngurte verrutschte die Ladung, seither liegt eine Anti-Rutschmatte auf meiner Ladefläche. Zwischen den Rahmen und die Platten der Ladefläche habe ich außerdem Schaumstoffstreifen gesteckt, weil das GinkGo sonst deutlich hörbar klappert.
Mittlerweile nutze ich das Rad regelmäßig für den Wocheneinkauf. Beladen mit zwei Kisten gläserner Mineralwasserflaschen, einem Sixpack Bier, je einer Großpackung Toiletten- und Küchenpapier, Milch und anderen Lebensmitteln für zwei Personen und einen Hund gerät es allerdings an seine Belastungsgrenze. Auch weil die Wasserkisten trotz Sicherung eine Eigendynamik entwickeln. Wegen des geringen Leergewichts des GinkGo merkt man außerdem stärker als bei anderen Transporträdern, wie es mit zunehmender Beladung immer träger wird.
Das GinkGo gibt’s bei:
argusshop.org und ginkgo.bike
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