Minus 30 Grad? Ab aufs Rad!
Fahrrad-Saison? Bullshit. Das ganze Jahr ist Fahrrad-Saison. Wie man in Kanada, Finnland und Norwegen mit rauem Wind und glatten Straßen klarkommt, zeigen wir hier.
Eine Zusammenstellung von Ruth Eisenreich, Illustration: Jesús Escudero.
Tipps für sicheres Winterradeln:
#1 Tempo reduzieren
#2 Mehr Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmenden
#3 Vorsichtig (und nicht in den Kurven) bremsen
#4 Bei Glatteis: Wenig lenken und ausrollen statt bremsen
#5 Reifenluftdruck verringern – das bringt mehr Grip
#6 Auf gute Beleuchtung achten, gegebenenfalls reflektierende Kleidung
#7 Sattel etwas absenken für mehr Gleichgewicht – aber nicht zu weit, damit die Knie nicht beleidigt sind
Krysta Cowling (30) aus Moncton, New Brunswick, Kanada:
Mein Hirn findet im Winter immer einen Haufen Ausreden, mich nicht aufs Rad zu setzen. Aber wenn ich es dann doch tue, bereue ich es nie. Wenn man sich gut vor dem Wind schützt, ist Radfahren sogar viel wärmer als Gehen! Mein liebstes Ausrüstungsstück nennt sich Helmuff und ist ein Stück Strick- oder Fleecestoff, den man über die Riemen seines Helmes ziehen kann und der die Ohren vor Kälte und Wind schützt.
„Ich bereue es nie, mich dann doch aufs Fahrrad gesetzt zu haben“ – Krysta
Juho Äännevaara (39) aus Espoo, Finnland:
Im Winter sinkt die Temperatur bei uns manchmal auf minus 30 Grad. Ich setze dann auf das Zwiebelprinzip mit isolierenden und wind- und wasserfesten Schichten. Du weißt, dass du deine Kleidung richtig gewählt hast, wenn dir beim Losgehen ein bisschen kühl ist – denn wenn dir beim Losfahren schon warm ist, wirst du bald zu schwitzen beginnen.
Olaf Witte (42) aus Breitnau im Schwarzwald, Deutschland:
Ich war immer genervt von Regenhosen, die man kaum an- und ausziehen kann, ohne die Schuhe ausziehen zu müssen. Als Erstes und am meisten nass wird man ja an den Oberschenkeln – ich wollte mir schon selbst eine Art Oberschenkel- Regenschutz basteln, den man unkompliziert an- und ablegen kann. Dann habe ich entdeckt, dass es so etwas tatsächlich schon gibt: Rainlegs. Ich bin total begeistert davon, vor allem für kurze Strecken wie den Weg zum Supermarkt sind sie perfekt. Für Räder ohne Schutzbleche sind sie allerdings ungeeignet, weil dann Wasser vom Hinterrad auf die Unterseite der Oberschenkel spritzt.
Kathy Browning (51) aus Lander, Wyoming, USA:
Ich empfehle Bar Mitts – Fäustlinge, die am Lenker befestigt werden und die Hände wärmer halten, als normale Handschuhe es je könnten. Meine sind extragroß, so dass ich darin sogar noch ein Taschentuch und Snacks aufbewahren kann. Meine Füße halte ich warm, indem ich Handwärmekissen mit Klebeband an ein Paar leichter Wollsocken klebe. Was mir hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden, der lieber zuhause bleiben und Brownies backen würde: Ich verwende immer dieselbe Winter-Radfahr-Ausrüstung und bewahre sie am gleichen Platz auf, sodass ich vor dem Losfahren nicht viel darüber nachdenken muss.
„Ich bewahre die Winterausrüstung immer am selben Platz auf“ – Kathy
Alejandro Decap (33) aus Oslo, Norwegen:
Ich finde Radfahren im Herbst und Winter angenehm und entspannend, weil du dann die Radwege für dich alleine hast. Man braucht keine teure Kleidung, um in der Kälte zu fahren. Mein Rat ist, drei Schichten zu tragen: Eine enge, am besten aus Wolle, die die Feuchtigkeit vom Körper wegtransportiert; eine aus Wolle oder Fleece, die zwischen der ersten und der dritten isoliert und die man auszieht, wenn einem heiß wird; und eine äußere, die möglichst wind- und wasserfest ist. Wenn es kalt wird, können Straßenmarkierungen sehr rutschig werden, am besten versucht man, ihnen auszuweichen. Für Schnee und Eis gibt es auch Reifen mit Spikes.
Catherine Girves (56) aus Columbus, Ohio, USA:
Ich bewege mich seit 15 Jahren bei jedem Wetter mit dem Rad fort. Besonders wichtig ist mir dabei, dass meine Füße warm und trocken bleiben. Am Anfang habe ich deswegen den Fehler gemacht, mehrere Paar Socken übereinander zu tragen, wodurch meine Schuhe zu eng wurden. Jetzt trage ich ein Paar warmer Wollsocken und ziehe ein Plastiksackerl darüber, bevor ich in meine Schuhe schlüpfe.
Maren Podgorsky (40) aus Hamburg, Deutschland:
Am liebsten fahre ich in Kleidung aus Wollwalk, die hält trocken und warm, ohne schwitzig zu werden. Und obwohl meine Schuhe recht wasserdicht sind, habe ich für den Notfall immer ein Paar Ersatzsocken in der (wasserdichten) Fahrradtasche.
„Habe für den Notfall immer Ersatzsocken dabei“ – Maren
Benjamin Guettler (31) aus Brighton, Michigan, USA:
In manchen Wintern fällt die Temperatur hier auf minus 23 Grad. Ich picke dann die Luftschlitze meines Helms mit Klebeband zu, das ist eine tolle und sehr kostengünstige Art, sich da warmzuhalten, wo man sonst am meisten Wärme verliert. Ich fahre meistens früh am Morgen oder spät am Abend, im Dunkeln also, und liebe es, gelegentlich stehenzubleiben, tief die kalte Luft einzuatmen und mich von der Stille der schneebedeckten Landschaft durchdringen zu lassen. Das spült jeglichen Stress, den ich mit mir herumtrage, hinweg.
„Ich picke die Luftschlitze meines Helmes mit Klebeband zu“ – Benjamin
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